KI Tools bauen: Warum du „Wrapper-Produkte“ auf Basis der OpenAI-API vermeiden solltest
Nichts hat die Technik-Welt bisher so verändert wie künstliche Intelligenz, außer vielleicht das Internet selbst. Jeden Tag entstehende hunderte neue KI Tools und die Anwendungsfälle werden immer kreativer. Es ist ein wenig wie damals, als Apple den App Store vorstellte und es plötzlich eine App für alles gab. Was technisch möglich war, wurde gebaut. Ob das jemand benötigte, stand auf einem anderen Blatt.
Ähnlich wie damals, hat auch die aktuelle KI Trendwelle bereits einen massiven Goldrausch erzeugt. Ein Unterschied zu damals ist jedoch, dass die Hürde, um ein KI-gestütztes Produkt zu bauen, deutlich geringer geworden ist.
Naturgemäß stürzen sich deshalb gerade etliche Unternehmer auf das Thema und suchen händeringend nach Wegen, um selbst ein Stück vom Kuchen abzubekommen.
Und das funktioniert! Ganz grob lassen sich die Geschäftsmodelle, um mit KI Geld zu verdienen, in zwei Bereiche aufteilen:
- KI-nahe Dienstleistungen (z.B. Beratung, Kurse, Events)
- KI Tools (SaaS)
Erstere hatte ich bereits in einem anderen Beitrag beleuchtet. In diesem Artikel möchte ich in erster Linie darauf eingehen, was bei der Entwicklung von KI Tools (SaaS) bedacht werden sollte.
“Wrapper“ KI Tools sind nicht nachhaltig
Die KI Technologie entwickelt sich so schnell, dass die Herausforderung nicht die technischen Möglichkeiten sind, sondern die Geschwindigkeit, in der die geschaffenen Lösungen wieder obsolet werden.
Wer heute eine SaaS Lösung entwickelt und auf KI setzen möchte, der nutzt mit großer Wahrscheinlichkeit die API von OpenAI, dem Unternehmen hinter ChatGPT. Das wundert nicht, denn OpenAI bietet nicht nur das vermutlich fortschrittlichsten KI Sprachmodell, sondern ist auch sehr entwicklerfreundlich.
Wie viel Freude das als Entwickler machen kann, zeigte erst die am 6.11.2023 vorgestellten Neuerungen von OpenAI, die wirklich überwältigend sind und jedes Developer-Herz höher schlagen lassen.
So können mittlerweile über die API nicht nur einfache Text-Prompts angefragt, sondern auch Bilder (Dall-E), Sprache (Whisper) und die Verarbeitung von Dokumenten über die API gesteuert werden. Dank der Assistants API wird das Ganze jetzt sogar noch einfacher, selbst für Nicht-Entwickler.
Selbst, wer kein Entwickler ist, kann mit No-Code / Low-Code UI-Buildern wie Bubble, WeWeb, Webflow und anderen in einfachen Oberflächen auch komplexe Anwendungen bauen. Um diese mit KI Power von OpenAI zu füllen, bieten diese Tools entweder selbst bereits eine entsprechende Integration an, oder es lässt sich einfach über IPaaS Anwendungen (Integration Platforms as a Service) wie Make* oder Zapier anbinden.
Das Problem mit „Wrapper Products“
Stell dir vor, du hast dir einen richtig guten Use Case für dein KI Tool ausgedacht und eine Lösung gebaut, welche Lücken in der bisherigen Anwendung von ChatGPT und Co schließt.
Beispiel: Du hast ein Interface entwickelt, welches Nutzern dabei hilft, nicht erst selbst Prompts lernen und erstellen zu müssen, sondern „wie aus Zauberhand“ die KI optimal bedient und entsprechende Ergebnisse liefert.
Techrunch nennt das „Wrapper Startups“ bzw. „Wrapper Products“.
Bei diesen geht es darum, die Bedienung für Nutzer mit speziellen Anwendungsfällen möglichst einfach zu gestalten, ohne selbst zu „technisch“ werden zu müssen.
Ein anderes Beispiel ist das Erstellen von SEO Blogposts mit KI Tools. Für eine lange Zeit war ChatGPT nicht in der Lage, lange Texte zu erstellen. Zu kurz war die „Aufmerksamkeitsspanne“ der KI, zu gering der Output je Prompt.
Findige KI Tool Entwickler haben daher z. B. Lösungen entwickelt, die die Aufgabe übernehmen, eine große Anforderung (wie einen 1500 Wörter SEO Text) in kleine Pakete zu verpacken. Die Daten wurden ggf. zwischengespeichert, mithilfe von KI aufbereitet, und am Ende wieder zu einem Text zusammengesetzt.
So erstellen KI Tools für die Texterstellung z. B. zunächst eine Outline, die dann schrittweise mit Absätzen gefüllt wird. Technisch geht das, auch wenn ich inhaltlich meine Zweifel bei dieser Art der Content-Erstellung habe.
Die aktuelle OpenAI Developer Conference hat gezeigt, wie schnell Lösungen wie dieses obsolet werden können. Mit dem neuen Modell GPT-4 Turbo mit 128K context ist ChatGPT nun in der Lage, Texte auch in Roman-Länge zu verarbeiten.
Ein weiteres Beispiel sind die eigenen GPTs, die jetzt von jedem gebaut werden können. Die vielen KI-Chatbots, die in den vergangenen Monaten entstanden sind, werden es jetzt ebenfalls schwer haben.
Gibt es auch nachhaltige KI Geschäftsmodelle?
Es ist schwierig. Nicht nur haben KI Kurse, Vorträge, Blogposts oder Videos zum Thema eine sehr geringe Halbwertszeit, auch KI Tools können von der Entwicklung überrollt und schnell überflüssig werden.
Nachhaltig kann ein Modell daher nur funktionieren, wenn der Kern des Produkts nicht die Leistung von OpenAI oder eine anderen Dritt-Tools ist. Es spricht nichts dagegen, dennoch auf KI zu setzen.
OpenAI bietet fantastische Möglichkeiten, Arbeitsschritte zu automatisieren und vor allem menschlichen Aufwand zu reduzieren. Das betrifft besonders Stellschrauben im Kundensupport, im Marketing und einigen mehr. KI kann genutzt werden, die Kommunikation mit Kunden zu vereinfachen, sollte aber der Grund sein, warum Kunden überhaupt erst Kunden sind. Sie sollten nicht nur wegen der "KI Magic" da sein.
Denn sobald die Aufgabe woanders günstiger und besser erledigt werden kann, fällt das Modell in sich zusammen.
Fazit: Es braucht mehr als eine bessere Prompt-Engine
Für „Wrapper-Startups“ wird künftig schwierig.
Was heute noch als Innovation aus Kundensicht wahrgenommen wird, kann morgen schon unspektakulär sein. Der Fokus muss daher auf einer für Kunden greifbaren Gesamtlösung liegen, die mehr als nur das macht, was vielleicht mit ein paar extra Handgriffen auch in ChatGPT allein möglich gewesen wäre.
Ein gutes Beispiel hierfür ist Notion. Das Tool begeistert dadurch, dass Wissen besonders gut organisiert werden kann. KI (über die OpenAI API) ist in Notion zwar präsent, muss aber durch den Nutzer aktiv „dazugeholt“ werden. So können Inhalte z. B. mithilfe von KI per Rechts-Mausklick verbessert werden (z. B. Übersetzung, Zusammenfassung, etc.).
Ein anderes Beispiel ist Canva. KI kann zwar Bilder erstellen, Canva ist aber in der Lage, diese in den passenden Kontext zu setzen und zu verarbeiten, z. B. für Social Media (inkl. Sharing), in Dokumenten, und mehr. Würde man allein die KI-Funktionen in Canva bewerten, wäre das nicht sonderlich spannend.
Wenn du weitere positive oder negative Beispiele kennst, schreib gerne einen Kommentar.
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