Einzelunternehmen oder UG: Welche Form ist besser?
Der Unterschied zwischen einem Gründer und einem Angestellten besteht in dem Grad an Verantwortung. Als Gründer musst du täglich Entscheidungen treffen, während du als Angestellter in den meisten Fällen klar definierte Aufgaben erledigst. Die meisten Entscheidungen können schnell wieder korrigiert werden. Wenn ein Logo beschissen aussieht, dann kannst du einfach ein neues designen lassen. Es gibt aber auch wichtigere Entscheidungen, die über den Erfolg oder Misserfolg deines Unternehmens bestimmen können. Eine dieser Entscheidungen ist die Wahl der Unternehmensform. Das ist zwar kein sexy Thema, aber trotzdem ein sehr wichtiges. Die Unternehmensform bestimmt zum großen Teil deine Kosten, Risiken und Pflichten als Gründer. Du kannst die Unternehmensform zwar auch nachträglich wieder ändern, aber das ist in den meisten Fällen mit einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden.
Unternehmensformen
Die Wahl der richtigen Unternehmensform hängt stark von der Branche und dem eigenen Geschäftsmodell ab. In Deutschland musst du dich zwischen einem Einzelunternehmen, einer Personengesellschaft, einer Kapitalgesellschaft und einer stillen Gesellschaft entscheiden. Hier findest du eine Tabelle, in der die Optionen und deren Unterschiede übersichtliche dargestellt werden. Laut Statista sind Einzelunternehmen die mit Abstand häufigste Unternehmensform in Deutschland, gefolgt von Kapitalgesellschaften.
Bei meiner Gründung einer Lektorats-Agentur im Jahr 2017 war ich mir unsicher, ob ich ein Einzelunternehmen oder eine Unternehmensgesellschaft (UG) gründen soll. Die UG ist eine kleinere Alternative zur herkömmlichen GmbH, weshalb sie auch Mini-GmbH genannt wird. Während meiner Gründung war ich gerade dabei mein Soziologie-Studium zu beenden und ich habe mich nebenbei in das Thema eingelesen. Ich erkläre im Folgenden kurz meine damalige Geschäftsidee, um meinen Entscheidungsprozess zu verdeutlichen.
Mein Unternehmen
Die Idee war relativ simpel. An deutschen Universitäten werden immer mehr Seminare auf Englisch angeboten und ich war der Meinung, dass es sich um eine profitable Nische handelt. Deshalb wollte ich eine Agentur gründen, die sich auf das Lektorat von englischen Uni-Texten (Bachelorarbeit, Masterarbeit etc.) von Studierenden in Deutschland spezialisiert. Für das Lektorat wollte ich englische Muttersprachler beauftragen und die Abwicklung der Aufträge im Laufe der Zeit automatisieren. Rückblickend habe ich die Größe der Nische überschätzt und gleichzeitig den Wettbewerb der Nische unterschätzt, aber das ist nochmal ein anderes Thema.
Unternehmensform: Einzelunternehmen oder UG
Für meine Zwecke kamen ein Einzelunternehmen und eine UG infrage. Bei der Wahl der Unternehmensform ging es mir vor allem um die Haftung. Als Einzelunternehmer haftet man mit seinem gesamten Privatvermögen, während es bei der UG eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen gibt. Diese Haftungsbeschränkung kann allerdings verfallen, wenn die Gesellschafter gegen ihre Pflichten verstoßen oder grob fahrlässig handeln.
Bei der UG ist das Haftungsrisiko zwar geringer, aber dafür ist sie auch mit einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand und Zusatzkosten verbunden. Eine UG wird wie eine GmbH behandelt und dementsprechend muss jährlich ein ausführlicher Jahresabschluss erstellt werden und die doppelte Buchhaltung ist Pflicht. Darüber hinaus fallen zusätzliche Kosten für die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer an. Im Gegensatz dazu hat der Gesetzgeber die bürokratischen und steuerlichen Pflichten von Einzelunternehmern bewusst gering gehalten. Einzelunternehmer haben zum Beispiel einen Gewerbesteuer Freibetrag in Höhe von 24.500 € und es reicht die einfache Buchhaltung aus. Bei der Wahl zwischen einem Einzelunternehmen und einer UG handelt es sich also um einen Trade-off zwischen Risiko und Kosten.
Gründung der UG
Ich wollte meine Haftungsrisiken minimieren und deshalb habe ich am 06.06.2017 die Unistreber UG (haftungsbeschränkt) gegründet. Damit war ich offiziell der geschäftsführende Gesellschafter einer UG. Die Tragweite meiner Entscheidung ist mir erst in den nächsten Monaten bewusst geworden. Ich hatte mich zwar ausgiebig mit den unterschiedlichen Unternehmensformen beschäftigt, aber zu dem Zeitpunkt der Entscheidung fehlte mir das nötige Hintergrundwissen, um die Informationen richtig einzuordnen. Kurz gesagt, ich hatte das Haftungsrisiko meines Unternehmens überschätzt und den bürokratischen Aufwand einer UG unterschätzt.
Startschwierigkeiten
Mein ursprünglicher Plan war es das Unternehmen parallel zu meiner Masterarbeit aufzubauen, um nach dem Studium nicht bei null anzufangen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Masterarbeit meine gesamte Zeit in Anspruch nahm und ich bin bis zum Ende des Jahres gar nicht dazu gekommen an dem Unternehmen zu arbeiten. Ich musste jedoch trotzdem einen detaillierten Jahresabschluss für das Jahr 2017 erstellen lassen, was nicht gerade günstig war. Bei einem Einzelunternehmen hätte eine einfache Nullmeldung bei der Steuererklärung gereicht. Als ich 2018 dann endlich damit begonnen habe meinen Lektoratsservice zu bewerben, gestaltete sich die Kundenakquise schwieriger als gedacht. Trotz meiner Marketingoffensive konnte ich in den ersten Monaten nur ein paar Kunden gewinnen, mit denen ich noch nicht einmal Geld verdient habe. Meine Gewinnprognosen waren viel zu optimistisch gewesen und ich hatte mit der Gründung der UG und dem Jahresabschluss bereits ordentlich Geld verballert.
Risikoanalyse
Rückblickend haben sich die hohen Unternehmenskosten für das Risikoprofil meines Unternehmens nicht wirklich gelohnt. Mir fallen nur zwei geringfügige Risikofaktoren ein. Zum einen gab es das Risiko eines Schadensersatzanspruches von Kunden. Meine Kunden waren jedoch durchweg zufrieden mit dem Service und es gab keinerlei Beschwerden. Selbst wenn es Beschwerden mit der Qualität des Lektorats gegeben hätte, dann wäre eine vollständige Erstattung wahrscheinlich die beste Lösung gewesen.
Ein weiteres Risiko bestand durch Abmahnvereine, welche sich durch die massenweise Abmahnung von Webseiten Betreibern finanzieren. Die UG bietet bei diesen Abmahnungen auch keinen zusätzlichen Schutz, da es unwahrscheinlich ist, dass die Strafe das Gesellschaftsvermögen übersteigt. Das Haftungsrisiko für die eigene Webseite lässt sich außerdem relativ einfach minimieren. Es gibt eine gute Checkliste von der IHK München mit der du kontrollieren kannst, ob deine Webseite rechtssicher ist. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, der kann seine Webseite auch präventiv von einem Juristen überprüfen lassen.
Zeit für die Auflösung der UG?
Nach einigen Monaten war klar, dass der Lektoratsservice gescheitert war. Aufgrund der hohen Werbekosten war ich nicht in der Lage ein nachhaltiges Business aufzubauen. Mein erstes Unternehmen war zwar gescheitert, aber dafür habe ich wenigstens meine Leidenschaft fürs Content Marketing entdeckt. Ich hatte einen Unternehmensblog gestartet und dabei gemerkt wie sehr mir das Schreiben liegt. Deshalb entschied ich mich dafür, als Texter zu arbeiten und einen Blog zu starten. Zu diesem Zeitpunkt wäre es am klügsten gewesen einen Schlussstrich zu ziehen und die UG aufzulösen. Das Auflösen einer UG ist übrigens mit einem langwierigen Liquidationsprozess, inklusive Sperrjahr zum Gläubigerschutz, verbunden. Im Gegensatz dazu müssen Einzelunternehmer nur eine Gewerbeabmeldung vornehmen und das Finanzamt informieren.
Das Ende meiner UG
Ich entschied mich stattdessen dafür die UG umzubenennen und für mein neues Unternehmen zu nutzen. Ein typischer Fall von sunk cost fallacy. Die Umbenennung war mit einem weiteren kostspieligen Gang zum Notar und einem neuen Handelsregistereintrag verbunden. Danach schlug ich mich ein weiteres Jahr mit meiner UG und der doppelten Buchhaltung rum, bis ich endgültig die Nase voll hatte. Für einen Texter mit einem Blog ist eine UG nämlich völlig überdimensioniert, da die Einnahmen am Anfang überschaubar sind und kein großes Haftungsrisiko besteht. Ich trennte mich von meiner UG und gründete ein Einzelunternehmen.
Die Trennung von der UG war wie ein Befreiungsschlag für mich. Die UG hat mich nämlich nicht nur Zeit und Geld gekostet, sondern auch mentale Energie. Mit dem Einzelunternehmen konnte ich mich endlich ganz auf meine eigentliche Arbeit konzentrieren: das Schreiben von Texten als Freelancer und für meinen Blog Kreativer Nomade.
Fazit
Über die Misserfolge wird in Deutschland ungern gesprochen, aber meine Meinung nach profitieren wir alle von einer gesunden Fehlerkultur. Wenn wir in der Unternehmer Community offen mit unseren Fehlern umgehen, dann können wir andere vor den gleichen Fehlern bewahren und sind als Gruppe erfolgreicher. Die Wahl der falschen Unternehmensform war mit Abstand mein größter Fehler als Unternehmer. Ein Fehler, der mich mehrere Tausend Euro gekostet hat, wenn man die Kosten für den Notar, den Steuerberater und die bürokratischen Gebühren zusammenrechnet.
Das ist zwar bitter, aber jeder Unternehmer muss sein Lehrgeld zahlen. Wie viele andere Unternehmer bin ich am Anfang zu naiv und optimistisch an die Gründung herangegangen. Ich hätte mich besser informieren sollen, um die Kosten, Pflichten und Aufgaben, die mit den unterschiedlichen Unternehmensformen verbunden sind, besser zu verstehen. Bei meiner nächsten Gründung werde ich eine ausführliche Risikoanalyse vornehmen und die Kosten und Pflichten der unterschiedlichen Unternehmensformen sehr genau mit den Risiken abwägen.
Ein Einzelunternehmen ist meiner Meinung nach eine gute Möglichkeit, um sich unkompliziert und günstig selbstständig zu machen. Du kannst dich voll und ganz auf deine Kernkompetenz konzentrieren und falls deine Geschäftsidee scheitern sollte, dann entstehen keine großen Unkosten. Wenn du mit deinem Einzelunternehmen jedoch erfolgreich bist, dann kannst du später immer noch eine UG oder eine GmbH gründen. In Branchen mit einem hohen Haftungsrisiko solltest du dich allerdings von Anfang an mit einer UG absichern.
Auf Basis meiner Erfahrung empfehle ich allen angehenden Unternehmern eine Gründungsberatung in Anspruch zu nehmen und zu schauen, welche Unternehmensformen konkurrierende Unternehmen in der gleichen Branche gewählt haben. Ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel den einen oder anderen Gründer vor einer kostspieligen Fehlentscheidung bezüglich der Unternehmensform bewahren kann.
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